Sonntag, 1. Mai 2016

FM Druckenthaner Leseprobe: Nr. 2173 „DER STANDARD“, 07.06.2014 Josef Oganes Bjusandjan „Schachmaty v SSSR“, 1959

Wir steigern uns in der Schwierigkeit. Bei der heutigen dritten und damit vorletzten Leseprobe aus dem Werk "Ganz leicht", "Ganz schön" "Ganz schön schwer" von FM A. Druckenthaner gilt es nun bereits ein Matt in 4 Zügen zweifelsfrei nachzuweisen. Wieder einmal ist es die standardisierte Vorgehensweise bei der Lösungsfindung, die bei der Eruierung der Zugfolge sowohl in der Partiepartie als auch bei Studien und Schachrätseln gleichermaßen angebracht und unseren Schachfreunden ans Herz gelegt sei.

Weiß zieht und setzt in 4 Zügen matt
Da sowohl der weiße König als auch der e-Bauer viel zu weit vom Mattschauplatz entfernt sind, kann die Lösung nur durch Turm und Läufer, und zwar im Zusammenwirken miteinander, bewerkstelligt werden.
Die in die Augen fallenden Aufgabenbereiche der einzelnen Akteure sind schnell umrissen:
·         Der weiße Bauer auf b5 soll offensichtlich die Flucht des schwarzen Königs aus seinem
·         durch die schwarzen b-Bauern determinierten Gefängnis verhindern;
·        dem schwarzen f-Bauern kommt aufgrund der ohne ihn bestehenden Pattsituation des schwarzen Königs offensichtlich die Aufgabe zu, Weiß so viel an Zeit – insgesamt 4 Züge – einzuräumen, die für das Matt verantwortlichen Figuren (Turm und Läufer) im erforderlichen Ausmaß umzugruppieren;
·       noch unklar die genaue Funktion des e-Bauern; es drängt sich aber vor dem Hintergrund unserer bisherigen Erfahrungen durchaus der Verdacht auf, dass er lediglich, die Schönheit trübende, Doppellösigkeit verhindern soll.
Zwei grundsätzliche Mattbilderumrisse – ohne Zugfolge – lassen sich aus der Ausgangsstellung herausschälen:
Ein mögliches Mattbild entsteht unter Berücksichtigung des Königszuges nach a8 mit der Läuferaufstellung auf b6 (= 1. Mattbild) – siehe Stellungsbild –,

das andere nach der Aufstellung mit dem Lf4 und dem dadurch möglichen Turmschwenk zum Damenflügel nach a1 (= 2. Mattbild) – siehe Stellungsbild.


Zur Verwirklichung eines dieser Mattbilder bedarf es jedenfalls der Aktivierung des Läufers – auf seinem angestammten Platz kann er also nicht bleiben. Hinsichtlich beider Mattbilder fällt in diesem Zusammenhang auf, dass der weiße König dem Läufer nur im Wege steht, er muss dem Läufer den Weg frei machen.
Für den Lösungsbeginn stellt sich daher die Frage, auf welches Feld sich der weiße König begeben soll.
Die Felder e4 und g4 kommen offensichtlich für den König nicht in Frage, da er nach 1. Ke4 bzw. 1. Kg4 durch 1. … f5+ einfach nur wertvolle Zeit verliert; dasselbe gilt letztlich auch für die Felder e5 und g5, da hier das schwarze Schachgebot mit 1. … f6+ für den Nachziehenden Zeit gewinnt. Der Wert von 1. Ke5 relativiert sich unabhängig davon dadurch, dass der König damit dem eigenen Läufer die für das zweite Mattbild notwendige Sicht nach b8 verstellt. Letzteres gilt auch für 1. Ke3, was aber noch weniger Sinn als 1. Ke5 macht, da er den Läufer nicht einmal nach f4 lässt, vom verstellten Blick kann hier nicht einmal mehr die Rede sein. Überdies würde der König gleichfalls geradewegs nach    1. … f5 ∆ 2. … f4+ in ein Schachgebot des f-Bauern laufen, was gleichfalls nach 1. Kg3 der Fall wäre.
Die Zahl vernünftiger Königszüge hat sich sohin auf zwei verringert, nämlich auf 1. Kf5 und 1. Kf3.
Man kann aber schnell erkennen, dass eigentlich auch 1. Kf5 nicht viel Sinn macht, da der Anziehende dann sofort mit der unmittelbaren Pattproblematik des schwarzen Königs konfrontiert ist, deren Aufhebung – dafür muss der f-Bauer beweglich bleiben – wiederum wertvolle Zeit in Anspruch nimmt.

Nach dem Ausschlussprinzip kann daher vor dem Hintergrund unserer Mattbilder nur
1. Kf3!
den Lösungsbeginn darstellen. Damit wird also dem Läufer der Weg nach f4 bzw. nach g5 – in letzterem Falle ∆ Ld8, um b6 mit dem Läufer aufs Korn zu nehmen – frei gemacht.
Der Nachziehende  verfügt lediglich über zwei Möglichkeiten:
a) 1. … f5                                                    b) 1. … f6

a) 1. … f5
Schwarz verfolgt auf direktestem Weg seine einzige Chance – Patt des eigenen Königs; es droht        2. … f4 patt.
2. Lg5
Durch 1. … f5 verbietet sich 2. Lf4 wegen Patts. Jetzt aber kristallisiert sich mehr oder weniger langsam das bereits einleitend erkannte (erste) Mattbild heraus.
2. … f4 3. Ld8
Wegen der sonst gegebenen Pattsituation des schwarzen Königs wird der Anziehende förmlich zu seinem Glück gezwungen und macht den einzig möglichen, das Patt vermeidenden Zug, womit wiederum dem Nachziehenden nur eine Zugmöglichkeit – das Betreten der Grundreihe –  offensteht.
3. … Ka8/Kb8
Nun kann der Anziehende das erste Mattbild verwirklichen.
4. Lxb6#.
b) 1. … f6
Man hat fast den Eindruck, dass diese Fortsetzung gegenüber der ersten – 1…f5 – nachrangig ist, da ihm kein unmittelbarer strategischer Gehalt entnommen werden kann; der Nachziehende beugt aber mit dieser Fortsetzung dem für das erste Mattbild notwendigen Läufermanöver 1. Lg5 ∆ 2. Ld8          ∆ 3. Lxb6# vor.
Jetzt aber kann Weiß das zweite Mattbild umsetzen.
2. Lf4 f5
Damit befindet sich der schwarze König in einer Pattlage und zwingt eigentlich den Anziehenden zu seinem nächsten Zug.
3. Tg1 Ka8 4. Ta1#
Die Lösung auf einen Blick:
1. Kf3!
a) 1. … f5 2. Lg5 f4 3. Ld8 Ka8/Kb8 4. Lxb6#;
b) 1. … f6 2. Lf4 f5 3. Tg1 Ka8 4. Ta1#.

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